Musikalische Hommage an die Frauen

Unter dem Motto "Herrlich weiblich" bot die Stadtmusik Endingen ein außergewöhnliches Konzertprogramm.

ENDINGEN. 1974 kam eine mutige junge Dame als erste Frau zur Stadtmusik, in der bis dahin ausschließlich Männer musizierten – und sie ist immer noch sehr aktiv: die Klarinettistin und Vorsitzenden Simone Löffler. Fast die Hälfte des 90-köpfigen Orchesters ist heute weiblich, die Stadtmusik besteht aus 42 Frauen und 44 Männern. Anlass genug, um die Damen zum Motto des Jahreskonzerts werden zu lassen. "Herrlich weiblich. Musik von, über und mit Frauen" lautete der Titel des grandiosen Konzerts mit vielen Überraschungen unter der Leitung von Stadtmusikdirektor Martin Baumgartner und Kantorin Lydia Schimmer am Samstagabend in der ausverkauften Stadthalle.

Bürgermeister und Stadtmusikpräsident Hans-Joachim Schwarz begrüßte die zahlreichen Gäste sowie Ehrengäste. Angesichts der in Pink gehaltenen Plakate und Programme bezeichnete Schwarz die Frauen als eher pinkfarbenen Faden, der sich durchs Programm ziehe. Dem entsprechend eröffnete die Jugendkapelle mit Bert Appermonts "Rapunzel" unter der Leitung von Martin Baumgartner. In den vier Teilen "Die Hexe im Garten", "Rapunzel im Turm", "Der Prinz im Wald" und "Das Ende" wurde die Geschichte des Märchens erst von Lara Zimmermann erzählt, dann durch die Jugendkapelle musikalisch eindrucksvoll intoniert. Eine schöne Idee war das Ineinander-Weben von Text und Musik, indem die Kapelle leise während des Vortrags untermalte oder Lara Zimmermann laut ins Orchesterspiel hinein den Text sprach. Ihre großartige Leistung stellte die Jugendkapelle auch mit dem dramatischen "Hexe und die Heilige" unter Beweis. Basierend auf dem Roman von Ulrike Schweikert, komponierte Steven Reineke das Stück für Blasorchester. Es handelt von der Geschichte der Zwillinge Sybilla und Helena, die im 16. Jahrhundert als Hexen verfolgt und verbrannt wurden. Mit der Zugabe "Klezmer Karnival" von Philipp Sparke verabschiedete sich die Jugendkapelle unter kräftigem Applaus und Jubelrufen des Publikums.

Durchs Konzertprogramm führten Siegfried Thoma und Thomas Wagner, die durch ihre wertvollen und teils witzigen Hintergrundinformationen zum Verständnis der Kompositionen beitrugen. Das Hauptorchester der Stadtmusik setzte mit der Ouvertüre "Die Italienerin in Algier" aus der gleichnamigen Oper von Gioacchino Rossini in der Bearbeitung von Will van der Beek gleich zu Beginn einen ersten Höhepunkt. Von der Amerikanerin Julie Giroux stammte das nächste Werk, "Eine Sinfonie der Fabeln". Hier wurde das Konzept der Verbindung von Text und Musik korrespondierend zur Jugendkapelle wiederaufgenommen. Siegfried Thoma trug eine Kurzform der jeweiligen Fabel und eine daraus resultierende Moral vor, die manchen zum Schmunzeln brachte. Für den Zuhörer leicht nachvollziehbar übernahmen die Instrumente danach die unterschiedlichen Tierstimmen und illustrierten lautmalerisch die entsprechenden Situationen der bekannten Fabeln wie beispielsweise "Der Rattenfänger von Hameln".

60-köpfiger Projektchor eigens fürs Jahreskonzert

Ungewöhnlich begann der zweite Konzertteil. Unter der Leitung von Lydia Schimmer ging gemeinsam mit dem Orchester ein 60 Frauen starker Chor einen fantastischen musikalischen Weg zu den Sternen. "To the Stars" von Nigel Hess lautete das Werk für Blasmusik und Frauenchor, das den imposanten Raketenstart auf dem Weg zu den Planeten, witzig-spritzig die Begegnung mit Aliens, dem schwarzen Loch und die Ankunft bei den Sternen thematisierte.

Der Projektchor hatte sich eigens für diesen Auftritt zusammengetan. Er bestand aus Musikerinnen der Stadtmusik und Sängerinnen der beiden Kirchenchöre Endingen und Riegel, dem Chor Amicitia sowie den "Voices of Endingen".

Weiter ging es mit dem Blasorchester, das in einer Bearbeitung von Franco Cesarini aus Richard Wagners "Lohengrin" an ein Sinfonieorchester erinnernd "Elsas Brautzug zum Münster" folgen ließ. Ein weiterer Höhepunkt des Konzerts war Nigel Clarkes "Mata Hari", wie Elsa ebenfalls eine tragische Frauenfigur. In drei Sätzen zeichnete die Stadtmusik musikalisch spannend den triumphalen Aufstieg der Tänzerin, die Entlarvung als Doppelagentin sowie die Flucht, das Ergreifen und die Exekution nach.

Die Bearbeitung von Mike Tomaro und Martin Baumgartner von John Lennon/Paul McCartneys "Lady Madonna" setzte einen fetzig-jazzigen Schlusspunkt unter ein abwechslungsreich zusammengestelltes Programm, das die Zuhörer begeisterte und mit jubelndem Applaus belohnt wurde.

Zwei Zugaben, eine davon nochmals gemeinsam mit dem Frauenchor rundeten den Abend ab. Am Ende verabschiedete die Vorsitzende der Stadtmusik, Simone Löffler, den Moderator Siegfried Thoma nach mehr als 40 Jahren und ernannte ihn zum ersten "Ehrenkonzertansager" der Stadtmusik.

Artikel von Christiane Franz aus der Badischen Zeitung vom 15. April 2014

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