Konzertvergnügen im Zwei-Viertel-Takt

Stadtmusik Endingen bietet unterhaltsamen Abend rund um das Thema Polkas.

ENDINGEN. Einen ganzen Abend lang Polkas – das muss nicht langweilig sein, bewies die Endinger Stadtmusik am Sonntagabend vor vielen Zuhörern. Wegen drohenden Regens fand das Konzert, das eigentlich als Open Air geplant war, in der Stadthalle statt. Das Thema ergab sich aus dem letzten Open Air, als jemand nach dem Abend unter dem Motto Märsche gefragt hatte: "Un was isch mit Polkas?"

Allein die kurzärmeligen Hemden der Musiker lassen den Sommer erahnen. Dennoch ist die Stimmung in der Halle entspannt, wie sie bei einem solchen Programm sein sollte. Die Stadtmusik unter der Leitung von Martin Baumgartner gibt in ihrem Programm einen tollen Überblick über das unerwartet breite Spektrum der Polkas. Besonders erfreut zeigt sich die Kapelle über den Besuch der japanischen Freunde, die bei der Konzertreise der Stadtmusik vor zwei Jahren nach Japan viel organisiert und die Endinger freundlich empfangen hatten.

Thomas Wagner, der gekonnt mit Witz durchs Programm führt, erklärt die Unterscheidung der Polkas in mährisch, also flott und bewegt, und böhmisch, die klangvollen und eher weichen Werke. Um dem Publikum das Zwei-Viertel-Takt-Schema näher zu bringen – "Schlag – Nachschlag. Nein! Nicht der Nachschlag beim Essen! Betont – unbetont" – lässt er die Männer im Publikum die Basstuben mit einem kräftigen "Pol" imitieren, die Frauen dagegen ahmen die Posaunen auf der unbetonten Zeit mit einem feinen "Ka" nach. Der daraus resultierende "Pol" – "Ka" Chor sorgt nicht nur für heiteres Lachen, sondern klingt auch nach einer echten "Polka". Dem Publikum bleiben zwei Stunden abwechslungsreichstes Polkavergnügen! Die beeindruckende Zahl an Instrumentalisten der Stadtmusik Endingen bietet unter anderem Werke von Shostakowich, der es wohl als einziger schafft, eine Polka in 40 Minuten zu arrangieren. Johann Strauß, als Walzerkönig verehrt, ist auch für seine bestens tanzbaren Polkas bekannt und darf an einem solchen Abend nicht fehlen! Etwas Polka-untypische, aber dennoch begeisternde Töne schlägt die Kapelle dann bei Stücken von Smetana oder einem Arrangement von "Private Dancer" an. Doch egal welches Stück – die Musik reißt alle mit. Als sich das Tempo gegen Ende weiter steigert, die ersten Schweißperlen auf der Stirn des Dirigenten zu sehen sind und der Abend in der Zugabe "Böhmischer Traum" seinen Höhepunkt an Tempo und Klang erreicht, klatscht auch das Publikum begeistert im Takt mit. Ein letztes Mal staunt man über schnelle Läufe und rasante Wechsel der dominierenden Instrumentengruppe unter dem authentischen Dirigat von Martin Baumgartner. Zufrieden lächelnd und ein wenig erschöpft nehmen Dirigent und die Musiker den wohlverdienten, von begeisterten Pfiffen und Rufen begleiteten Schlussapplaus entgegen.

Artikel von Julia Seitz aus der Badischen Zeitung vom 20. Juli 2011

 

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