Stadtkapelle Kenzingen und Stadtmusik Endingen: Doppelkonzert zum 185-jährigen Bestehen

Stadtkapelle Kenzingen und Stadtmusik Endingen begeistern beim Doppelkonzert zum 185-jährigen Bestehen.

KENZINGEN. Das Doppelkonzert der Stadtkapelle Kenzingen und der Stadtmusik Endingen war ein Erlebnis. Zwar gab es nicht das zum Jubiläum 185 Jahre Stadtkapelle Kenzingen angekündigte Open Air mit Musik und Licht, sondern wetterbedingt einen Konzertabend in der Üsenberghalle, doch bei dem glänzten beide Blasorchester auf ihre Weise.

Ein bisschen Open-Air-Atmosphäre hatten die Gastgeber in die Halle gebracht: Viele Sommerblumen an der Bühne, einige Stehtische im Saal und Stände drinnen und draußen für die Bewirtung gaben dem Doppelkonzert einen ansprechenden Rahmen. Bernd Rein, Vorsitzender der Stadtkapelle, wünschte den Gästen einen unvergesslichen musikalischen Abend, und den gab es. Schließlich waren Kenzingen und Endingen zum ersten Mal gemeinsam in einem Konzert zu hören, und das Interesse daran war groß, wie die vielen engagierten Blasmusiker aus der Region im Publikum zeigten.

Den Anfang machte die Stadtmusik Endingen unter der Leitung von Martin Baumgartner. Sie kam mit 73 Musikern auf die Bühne und hatte Thomas Wagner als Moderator mitgebracht. Endingen begann klassisch, mit der Ouvertüre zur Strauß-Operette "Die Fledermaus" und ein kleines bisschen nervös. Die Akustik in der Üsenberghalle ist bekanntlich nicht die beste. Die Stadtmusik blieb bei ihrem Stil: Sie spielte – mit Ausnahme einer Verstärkung fürs Klavier – ohne Mikro und Technikunterstützung.

"Das Fest", ein Satz aus der Ukrainischen Rhapsodie, von Friedrich Deisenroth 1942 komponiert, wurde mit der Stadtmusik Endingen zur musikalisch emotionalen Achterbahn. Ein Stück von Philipp Starke, 2011 nach der Atomkatastrophe von Fukushima mit dem Titel "When the sun will rise again" komponiert, zeigte sich musikalisch ruhig und zart, aber dennoch voll Dramatik. Die fand ihren Höhepunkt in "Die Rückkehr aus dem Weltraum", eine Würdigung des ersten Weltraumfahrers Juri Gagarin. Die Musiker nahmen das Publikum mit zu wirbelnden Szenen, getragenem Heldenepos und erneut sprudelnden Tonfolgen. Acht Minuten mit Hits von Phil Collins führten in eine ganz andere Welt. Den Schluss sollte ganz entspannt die "Garden Party" machen, mit mitreißenden Soli für Trompete, Saxophon und Schlagzeug. Vor der Pause aber gab es noch mit dem "Abschied der Slawin" einen russischen Marsch als Zugabe.

Bei der Stadtmusik Endingen ist die Show die Musik und die Dramatik, in der sie interpretiert wird. Bei der Stadtkapelle Kenzingen ist die Show das ganze Blasorchester mit allen Musikern. Das zeigten die Kenzinger gleich auf der Bühne und mit dem ersten Stück "Willkommen, Bienvenue, Welcome" aus dem Musical "Cabaret". John Kessler und Sybille Schlenker übernahmen die Moderation für die Stadtkapelle und zeigten sich fürs erste Stück im passenden Kostüm.

Die Stadtkapelle mit rund 50 Musikern unter der Leitung von Rudolf Heidler glänzte mit rasantem Tempo bei "Yagi Bushi", das die Musiker des Blasorchesters mit einem laut gerufenen "Ha" beendeten. Die unterschiedlichsten Geräusche, die Instrumente erzeugen können, stellte die Stadtkapelle in der "Jungle Fantasy" vor. Die Bilder einer belebten Dschungellandschaft entstanden da mühelos als Film im Kopf. Das Posaunenregister stand im Mittelpunkt beim "Blues for a Killed Cat", rhythmisch stark und mit viel Blues-Gefühl.

Ihr besonderes Talent zeigte die Stadtkapelle bei "Rose des Sables", mit atemberaubendem Tempo und Momenten, in denen nur die Instrumente ruhten. Die Musiker wurden in der Zeit zum Chor, exakt und stimmig, und durften erst nach einem erlösenden "Hei" verschnaufen. Der Rest des Abends war Hits und Solisten gewidmet. Steven Böhringer präsentierte gekonnt Trompetenhits zum Träumen, Tom Kollmannsberger mit der E-Gitarre gab "Europa" von Santana zur Orchesterbegleitung, und in "Music" von John Miles glänzte Samuel Held als Solist mit dem Alt-Saxophon. Als Zugabe gab es "Berliner Luft" und eine nette Form fürs Schlusswort. Während Bernd Rein allen Mitwirkenden dankte, spielte die Stadtkapelle im Hintergrund dezent "Applausmusik".

Das Fazit nach dem Doppelkonzert: Die Gäste aus Endingen ließen die Zuhörer nach Spannung pur in der Pause erst einmal tief Luft holen, die Kenzinger Gastgeber schickten das Publikum beschwingt und mit viel Musik im Kopf auf den Heimweg. Das hat beides seine Verdienste, so wie beide Orchester ihren eigenen Stil haben. Die Frage nach dem Qualitätsvergleich stellte sich am Abend nicht: Dazu war die gebotene Musik insgesamt einfach viel zu schön.

Schwungvoll, unterhaltsam und mit zahlreichen Soloeinlagen präsentierte sich die Stadtkapelle Kenzingen unter Leitung von Rudolf Heidler beim Jubiläumskonzert zum 185-jährigen Bestehen. Foto: Ilona Hüge

Artikel von Ilona Hüge aus der Badischen Zeitung vom 01. Juli 2013

 

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