Stadtmusik Endingen: Spende an Behinderteneinrichtung nahe Fukushima

Wertvolle und direkte Hilfe im Kleinen

ENDINGEN. Am 11. März 2011 bebte in Japan die Erde. Seither kennt die ganze Welt Fukushima. In vielerlei Hinsicht musste die Welt hilflos zusehen, wie sich Japan bemühte, die Atomkatastrophe in den Griff zu bekommen. Hilfe bei der Bewältigung der gleichzeitigen Naturkatastrophe war da schon eher möglich. Wie wertvoll Hilfe im Kleinen sein kann, zeigte die Aktion der Stadtmusik Endingen. Sie sammelte nach der Katastrophe rund 27 500 Euro an Spenden. Den Schlusspunkt setzte nun die Unterstützung für ein Mutter-Kind-Zentrum in der Region Fukushima.

Simone Löffler staunt noch heute, wenn sie an die Geschehnisse seit dem 11. März 2011 zurückdenkt. Ganz spontan hatten sich die Endinger Stadtmusiker nach der Katastrophe zur Hilfe entschlossen. "Dass dabei solch eine Aktion herauskommt, damit hätte ich hätte nie gerechnet", betont die Vorsitzende der Stadtmusik. Binnen zwei Monaten kamen 22 000 Euro zusammen, schickten die Endinger drei Hilfslieferungen in die betroffene Region: Lebensmittel, Hygieneartikel, Haushaltswaren. Die direkte Hilfe ohne Umweg über eine der großen Hilfsorganisationen war den Initiatoren in Endingen wichtig. Möglich wurde sie dank vielfältiger Unterstützung und der persönlichen Kontakte von Izumi Shibata-Wagner. Gerade dieser direkte Bezug war wohl auch der Grund für die "überwältigende Spendenbereitschaft" der Menschen, ist Simone Löffler überzeugt: "Sie haben uns einfach vertraut."

Dieses Vertrauen auch zu rechtfertigen war den Stadtmusikern und ihren Helfern wichtig. Den größten Teil der Spendengelder übergab Izumi Shibata-Wagner im Sommer 2011 persönlich in den Regionen Myagi und Fukushima – an Kindergärten und Schulen, ein Altenheim, einen Blasmusikverband und andere.

Aus ihrer Heimat brachte Izumi Shibata-Wagner nicht nur jede Menge Eindrücke und Dankbarkeit der betroffenen Menschen mit, sondern auch die Idee, wo mit der restlichen Summe auf dem Spendenkonto noch geholfen werden könnte. Und so gingen rund 4000 Euro an das Mutter-Kind-Zentrum Shigeharu Kumagai, eine Einrichtung für behinderte Kinder in Iwaki, einer Stadt am Rand der Sperrzone von Fukushima. Mit dem Geld aus Deutschland habe man einen kleinen Transporter gekauft, berichtet die Leiterin Chizuko Kimura in einem ihrer Dankesbriefe. Mit dem Auto werden Kinder abgeholt und wieder nach Hause gebracht. Dabei war es den Empfängern wichtig, die Hilfe aus Endingen sichtbar zu dokumentieren, und so prangt nun an der Heckscheibe des Autos das Logo der Stadtmusik Endingen. Das Auto bringe den Menschen wieder ein kleines Stück Alltag zurück, freut sich Simone Löffler.

Auto bringt ein kleines Stück Alltag zurück

Alltag nach der Katastrophe – das bedeutete für die Kinder, dass im Sommer 2011 das Spielen im Freien tabu war. Im vergangenen Sommer habe man wieder mit den Kindern draußen im Wasser plantschen und spielen können, berichtet Chizuko Kimura. "Wir haben uns sehr gefreut, dass wir durch diese Aktivitäten viele fröhliche Gesichter sehen konnten." Möglich wurde dies auch, weil die Erde im Hof ausgetauscht wurde. Kimura: "Wir haben sehr daran gearbeitet. Aber immer noch können wir nicht in den Wald oder in die Berge gehen, weil dort noch hohe Radioaktivität gemessen wird. Ein Ende ist noch nicht absehbar. Wir denken aber an die Zukunft und es muss weiter gehen. Wir Erwachsenen sehen es als unsere große Aufgabe, dass die Kinder nie wieder so etwas Schreckliches erleben." Die Unterstützung aus Deutschland werde man nie vergessen.

Nicht zuletzt solche Rückmeldungen sind es, die Simone Löffler und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter darin bestärken, dass es richtig war, direkte Hilfe zu organisieren. Löffler: "Es war mühsam, aber wir haben es geschafft."

Ihre Kontakte nach Japan werden die Stadtmusiker weiterhin pflegen. Und im Mai wird Izumi Shibata-Wagner wieder nach Japan fliegen und schauen, was aus der Hilfe geworden ist.

Artikel von Martin Wendel aus der Badischen Zeitung vom 12. Januar 2013

 

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