Reise in spannende Klangwelten

 Stadtmusik Endingen begeistert rund 800 Zuhörer in der Stadthalle beim Jahreskonzert unter dem Motto "Cuba & Co".

ENDINGEN. Ein anspruchsvolles und vielfältiges Musikerlebnis bot am Samstag das Jahreskonzert der Endinger Stadtmusik. Unter dem Motto "Cuba & Co" entführten überwiegend zeitgenössische Kompositionen in spannende Klangwelten und entließen nach knapp drei Stunden ein begeistertes Publikum.

Humorvoll zauberten die Moderatoren Siegfried Thoma und Thomas Wagner eine familiäre Stimmung in die mit 800 Zuhörern dicht besetzte Stadthalle.

Gemessenen Schrittes begannen die rund 40 Jungmusiker mit "Cordilleras de los Andes" von Arie Malando (alias Maasland) und Kees Vlak. Im Wechsel feierlicher mit lebhaft tänzerischen Passagen würdigt das dreiteilige Stück die imposante Gebirgskette und entwickelt nach schönem Oboensolo ein flottes Tempo. Geradezu klangmalerisch wirkte das zweite Stück, "Jungle" des Österreichers Thomas Doss. Mit Stimmeinsatz und vielfältiger Geräuscherzeugung der Instrumente wurden Äffchen, Elefanten, Wasser und Donnergrollen lebendig – eine teils bedrohliche Welt, in der ein Besuch bei freundlichen Eingeborenen für Erholung sorgte.

Der spannend inszenierte Einmarsch der fast 80 erwachsenen Stadtmusiker punktete mit Minimalismus: Außer Dirigent Martin Baumgartner erschienen zunächst nur Percussionisten auf der Bühne und verführten das Publikum zu spontanem Mitklatschen. Registerweise tanzten dann die Musiker ein, bis nach und nach der volle Orchesterklang entstand. Kurzweilig stellte Thomas Wagner das besondere Stück vor: Entdeckt habe er "Mambo(lero)?" bei einem Konzert der Basel Sinfonietta und dabei überraschend auch den Komponisten, Thomas Nidecker, kennengelernt. Inspiriert von dessen Pseudonym Pigarro Pifar ("abstürzender Falke") habe er selbst sich, so Wagner, als Arrangeur des Stückes den Namen "Pato Mango" (lahme Ente) gegeben. Die in Basel gebotenen Tänzerinnen seien zwar auch in Endingen vorhanden, nur fehle es leider an bunten Federn für das Kostüm, schloss Wagner scherzend.

Im Dreierrhythmus schwang das dem venezolanischen Volkshelden Simon Bolivar gewidmete "Bolivar" von Eric Cook. Dank meisterhaftem Posaunensolo (Anton Wagner-Shibata) und herrlicher Details erspielte auch der melodische Gruß nach Tovar einen Riesenapplaus. Auch in den weiteren Stücken des Konzertabends erfreuten zauberhafte Soli.

Zum "Machu Picchu" des 37-jährigen japanischen Komponisten Satoshi Yagisawa vermittelte Moderator Thoma das Hintergrundwissen über die peruanische Ruinenstadt. Großartiger Orchesterklang schuf hier zunächst das Stimmungsbild einer friedlichen Blütezeit und führte dann, von dramatischer Percussion eingeleitet, zu spürbarer Pulsbeschleunigung. Disharmonische Akkordfolgen mit schneidend intonierten Trompeten und drohendem Posaunenklang vermittelten die gewalttätige Zerschlagung des Inkareiches – eine durch und durch eindrückliche Komposition.

Konzentration auf das Hörerlebnis

Der nächste Höhepunkt gelang geradezu klangkünstlerisch zum Hörspiel. Thomas Wagner hatte hierzu bei einem Kurzaufenthalt in Buenos Aires sein Aufnahmegerät genutzt und die nächtlichen Klänge der argentinischen Hauptstadt eingefangen: In der abgedunkelten Halle war die Wahrnehmung der Zuhörer zunächst ganz auf die Ohren konzentriert. Es erklangen Verkehrsrauschen, Stimmen, die Musik einer Bar und schließlich Wagner selbst. In poetischen Worten umschrieb er optische Eindrücke und das Wesen des Tangos. So tief tauchten die Zuhörer dabei in die stimmungsvolle Klangwelt ein, dass es wie ein Schock wirkte, als das Licht wieder anging.

Das so eingeleitete Stück "Midnight in Buenos Aires" des britischen Komponisten Adam Borg erwies sich als faszinierendes musikalisches Geflecht. Scheinbar frei spielt diese Komposition zunächst mit schwebenden Klangfarben, die erst im weiteren Verlauf mit rhythmischen Tangopassagen kontrastieren. Immer wieder scheint die Zeit stehen zu bleiben. Erwartungsfrei offenes Hören wechselt mit freudigem Wiedererkennen.

Die "Danzón No. 2" des Mexikaners Arturo Márquez (*1950), bekannt durch das Jugendorchester Simon Bolivar von Caracas, schaffte danach einen dichten Klangteppich, auf dem man mit geschlossenen Augen herrlich abheben konnte. Den Abschluss des Programms bildeten die mitreißenden "Danzas Cubanas" des Amerikaners Robert Sheldon.

Unter großem Applaus verließen die Stadtmusiker nach zwei Zugaben die Bühne. In ganz puristischer Ausführung, nur auf das Hörerlebnis konzentriert, gelang ein hoch spannender Konzertabend. Einen wichtigen Beitrag leistete auch die Pianistin Izumi Shibata.

Fast 80 finanzielle Unterstützer zeugen von engagierter Sponsorenpflege. Nur so sei der Aufwand solcher Konzerte zu schultern, betonten die Vorsitzende Simone Löffler und Präsident Hans-Joachim Schwarz in der Danksagung. Eine besondere Würdigung ging an Winfried Wirth: Der Unternehmer hat eine Es-Klarinette gestiftet und freute sich über deren Nutzen: Anders als im Kapitalgeschäft habe er von der Stiftung von Musikinstrumenten wirklich Gewinn.

Artikel von Ute Schöler aus der Badischen Zeitung vom 02. April 2012

 

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