Uraufführung vor 800 Zuhörern

Jahreskonzert mit prominentem Gast: Jan van der Roost präsentiert mit der Stadtmusik Endingen die "Ballade für Bassposaune".

ENDINGEN. 800 Zuschauer, 80 Musiker, zwei Dirigenten und eine Welturaufführung: Beim Jahreskonzert der Endinger Stadtmusik am Samstag wurde geklotzt, nicht gekleckert. Höhepunkt und Titelstück: Jan van der Roosts "Ballade für Bassposaune". Die wurde vom renommierten belgischen Komponisten speziell für den Endinger Stadtmusiker Thomas Wagner geschrieben, als Geburtstagsgeschenk, im Auftrag von dessen Ehefrau Izumi Shibata-Wagner.

Wagner ist Profi, hat an der Musikhochschule Posaune studiert, in Symphonieorchestern große Klassik und in kleinen Ensemble experimentellere Sachen gespielt. Zum Glück. Denn die "Ballade für Bassposaune", die seine Frau zu seinem 40. Geburtstag für ihn bestellt hatte, entpuppte sich als ein richtig vertracktes Stück Blasmusikliteratur. Mit langen, diffizilen Solopassagen, die nicht nur viel Spielfertigkeit erforderten, sondern auch eine Menge Atem.

"Eine ganz starke Sache", sagte Wagner nach der Uraufführung. "So etwas gibt es nicht alle Tage. Das war superklasse." Charakteristisch für die Ballade: Jan van der Roost hat zu Ehren von Wagner (Thomas) immer wieder Zitate von Wagner (Richard) eingestreut – vom Tannhäuser über Lohengrin bis zur Walküre. Der Komponist stand auch selbst am Dirigentenpult. Zwei Mal hatte er diesen Auftritt mit den rund 80 Musikern des Orchesters geprobt. Einmal drei Stunden lang, einmal vier Stunden lang. "Das war genial", sagt Stadtmusik-Chefin Simone Löffler. "Genial und anstrengend."

Stadtmusikdirektor Martin Baumgartner bekam an diesem Abend kräftig Konkurrenz am Dirigentenpult. Denn van der Roost führte häufiger dem Taktstock – bei eigenen Stücken natürlich: Er dirigierte die 40-köpfige Jugendkapelle bei der "Highland Rhapsody", er führte das Gesamtorchester durch die 13 Minuten von "Volcano", ein Werk, das er zum 250. Jubiläum der Stadtmusik komponiert hatte. Und er dirigierte die erste Zugabe, den Konzertmarsch "Mercury". Der Belgier, so scherzte Conferencier Siegfried Thoma, sei "neuer Vize-Dirigent der Stadtmusik."

Baumgartner hatte natürlich auch kräftig zu tun. Bei "Nostradamus" zum Beispiel, einem mehrsätzigen 14-Minüter von Otto M. Schwarz, der viele Orchester an die Grenzen bringen würde – in Endingen eröffnete das Jugendorchester damit das Konzert. Er dirigierte Rossinis "Tell-Ouvertüre", bei der sich Verena Bons am Englischhorn und Natalie Henninger an der Flöte solistisch präsentieren durften. Auch auf dem Programm: Robert Smiths Don-Quichote-Bearbeitung "The Quest", ein munter vor sich hin groovendes Phil-Collins-Medley und Adam Gorbs "Jiddische Tänze" mit Miro Lanzilotti als Solist an der Es-Klarinette. Nicht zu vergessen die zweite Zugabe: Den ausgelassenen vierten Satz aus der Suite "Rikudim" – auch dieses Stück wurde von Jan van der Roost geschrieben.

Das Jahreskonzert war kurz nach 23 Uhr zu Ende. Jan van der Roost schrieb noch um Mitternacht Autogramme, signierte Notenblätter, Plakate und Programmhefte. Und der Profi war voll des Lobes für die Endinger Amateurmusiker. "Das Orchester", sagt van der Roost, "hat sich sehr gut entwickelt, das hört man wirklich. Nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Qualität." Zehn Stunden später hatte der Belgier Endingen schon wieder verlassen und sich auf den Weg zu seinem nächsten Dirigentenjob gemacht – nach Zürich.

Artikel von Patrik Müller aus der Badischen Zeitung vom 06. April 2009

 

Lädt...
Lädt...