Der Griff nach den Sternen

BZ-INTERVIEW mit Martin Baumgartner, seit 20 Jahren Dirigent der Endinger Stadtmusik.

ENDINGEN. Die Stadtmusik hat sich ein ungewöhnliches Thema für ihr Jahreskonzert am Samstag, 16. April, ausgesucht: Sternzeiten. Auf dem Programm stehen Werke über Sterne, Planeten und das Weltall. Patrik Müller sprach mit Dirigent Martin Baumgartner. Der 48-Jährige ist seit 1991 Dirigent des Endinger Orchesters.

BZ: Ein Konzert unter dem Motto "Sternzeiten" wird wohl kaum ohne den US-Marsch "Stars And Stripes Forever" auskommen. Oder?

Baumgartner: Doch. Diesen Marsch haben wir nicht im Programm, der wird auch so schon oft genug gespielt. Das gilt auch für einen anderen Klassiker: Ich habe in der Probe gesagt, dass jeder Musiker ein Stück vorschlagen kann – aber bitte nicht die Titelmelodie aus dem Krieg der Sterne. Dafür haben wir ein Medley aus dem Film E.T. im Programm. Das ist vom selben Komponisten und hat auch mit Sternen zu tun – immerhin geht es da um einen Außerirdischen.

BZ: Im Programm ist auch das Stück "Jupiter" von Gustav Holst. Jupiter ist aber kein Stern, sondern ein Planet.

Baumgartner: Das sehe ich nicht so eng. Bei unserem Konzert geht es um alles, was da über uns herumfliegt: Sonne, Mond und Sterne. Gustav Holst hat im Jahr 1914 eine Orchestersuite über die sieben damals bekannten Planeten für Sinfonieorchester komponiert. "Jupiter" ist das Stück, das sich am ehesten für ein Blasorchester eignet. Im Original sind auch viele Bläserstimmen besetzt. Die Stücke über die anderen Planeten sind eher streicherlastig – und somit weniger für uns geeignet.

BZ: Dann haben Sie noch den obligatorischen Viertelstünder im Programm. Das Stück Sidus von Thomas Doss dauert sogar 18 Minuten. Klingt kompliziert.

Baumgartner: Sidus ist tatsächlich das anspruchsvollste Stück des Abends. Es hat den Schwierigkeitsgrad Fünf. Sechs wäre der Höchste. Das Stück habe ich aus einem Grund an den Anfang des Programmes gesetzt: Es beginnt mit der Beschreibung eines Sonnenaufgangs, dem Beginn eines Tages.

BZ: Blasmusik-Puristen könnten sagen: Das ist jetzt aber ein arg sinfonisches Programm.

Baumgartner: Keine Angst: Wir spielen auch der Marsch "Per aspera ad astra" von Ernst Urbach: Auf deutsch: Auf rauen Wegen zu den Sternen. Und wir haben auch ein Deep Purple-Stück im Programm: "Space Truckin". Das ist nicht ganz so bekannt, ließ sich aber gut für Blasmusik umschreiben, das haben unser Posaunist Thomas Wagner und ich sogar selbst gemacht. Es geht um einen Fernfahrer im Weltraum, der von Planet zu Planet und von Raststätte zu Raststätte fährt – das Stück ist echt witzig.

BZ: Die Stadtmusik engagiert sich stark für die Japan-Hilfe. Wird das im Konzert auch zum Thema?

Baumgartner: Ja, wir haben kurzfristig umgeplant und das Stück "The Sun Will Rise Again" von Philip Sparke ins Programm genommen. Das Werk ist sehr melancholisch, aber auch optimistisch. Musikverlag und Komponist spenden ihre Erlöse an das japanische Rote Kreuz – und wegen der Sonne im Titel passt es sogar zu unserem Sternzeiten-Programm. Wir haben beim Konzert auch einen japanischen Gastmusiker dabei, den wir bei unserer Konzertreise im Jahr 2008 kennengelernt haben. Er ist Schweißer im Toshiba-Werk in Fuchu, will ein längeres Praktikum bei einer Endinger Firma machen und kommt diesen April zum Probearbeiten vorbei.

BZ: Sie sind seit 20 Jahren Dirigent in Endingen. Wie hat sich die Stadtmusik in dieser Zeit verändert?

Baumgartner: Sie ist vor allem eines geworden: Größer. Wir haben 75 Musiker im Orchester und konnten unser Instrumentarium in den letzten Jahren kräftig aufstocken. Wir sind auch in den seltenen Doppelrohrblattinstrumenten mit 2 Oboen, einem Englischhorn und 3 Fagotten sehr gut besetzt. Auch im Schlagwerk haben wir mächtig aufgeholt – das brauchen wir auch, denn unser Programm ist in den letzten Jahren immer sinfonischer und damit klanglich vielschichtiger geworden. Die Stadtmusik ist mittlerweile auch ein sehr junger Verein. Ich bin aber trotzdem froh, dass wir auch noch ältere Musiker dabei haben – viele arbeiten im Vorstand mit und sorgen für Kontinuität.

Info: Jahreskonzert Stadtmusik Endingen, 16. April, 20 Uhr, in der Stadthalle, Vorverkauf im Kaiserstühler Verkehrsbüro, 07642/689990, und bei der Buchhandlung Vollherbst Koch. 07642/ 1586.

Artikel von Patrik Müller aus der Badischen Zeitung vom 09. April 2011

 

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